Atli – geliebter Freund

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Im Oktober 2003 habe ich Atli zum ersten Mal  bei Andreas Trappe Probe geritten. Ein sehr lustiges Erlebnis, nie zuvor oder danach habe ich an einem Tag soviele Rappen geritten. Ich habe schon gefrotzelt, das dies wohl Einstellungskriterium sei, wenn man bei Andreas Pferd sein möchte.

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Ich kann nicht gerade sagen, das es Liebe auf den ersten Blick war. Atli war von seinem Äußeren ja eher unscheinbar. Außerdem war er sehr introvertiert. Er machte so den Anschein, als wenn ihm seine Herde genügte. Er brauchte die oder den Menschen nicht wirklich. Ausser zum Heu bringen, vielleicht! 🙂 Das kam mir als Mutter von einem Säugling natürlich sehr entgegen, zumal ich zu dem Zeitpunkt mit Skuggi noch ein sehr anstrengendes Pony zu Hause hatte.

Erstes Kennenlernen

Ich fuhr  wieder vom Hof und war ausgesprochen unschlüssig. Also suchte ich weiter nach meinem Traumpferd. Nachdem ich einen wunderschönen Falben geritten hatte und der so gar nicht das war, was ich suchte, musste ich immer öfter an Atli denken. Er war eigentlich genau das Islandpferd, was ich suchte: Gross, stark, sehr sensibel, super fein im Maul.  Fünfgänger mit genauso viel Temperament, wie ich noch händeln konnte. Also habe ich wieder bei Andreas angerufen und noch einen Termin ausgemacht. Beim Ritt durch´s Gelände, hat er mich dann überzeugt. Er war immer noch nicht mein Traumpferd, aber es schien irgendwie zu passen.

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Im ersten Jahr haben wir noch viel miteinander gehadert. Ich hatte mein Herzenspferd Skuggi verloren und trauerte! Er war halt so ganz anders – verschlossen, autark. Ein missratener Reitkurs warf unsere Vertrauensbasis stark zurück. Ich ärgere mich noch heute, das ich den Anweisungen dieser Trainerin gefolgt bin, obwohl ich wusste, das ich das Pony damit hoffnungslos überfordere. Einige Male schoss mir der Gedanke durch den Kopf, ihn wieder zu verkaufen, vielleicht würde sich ja ein Mensch finden, der besser zu ihm passt.

Huch, was hab ich da nur gekauft…

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Eher witzig war da eine Begebenheit bei einem weiteren Reitkurs: Ich zeige dem Dicken gerade die Reithalle und treffe dort auf eine andere Teilnehmerin, die mich nach Atli’s Abstammung fragt. Noch nie hat mich jemand nach der Abstammung meiner Pferde gefragt! Und prompt kam bei der Nennung des Vaters ein „Ach Du Scheisse!“ – der macht doch nur „Verbrecher“. Das ist für einen frischgebackenen Pferdebesitzer, wirklich eine tolle Erfahrung. Sie hätte auch einen (Voll-) Bruder von meinem Pferd gehabt, den sie wieder zurück gegeben habe; nachdem er mit einem Bereiter getestet hatte, wie schnell man auf Asphaltstrassen bergrunter galoppieren kann. Hab ich schon mal erwähnt, das ich nicht sonderlich mutig bin. (GottseiDank ist dieser Reitkurs, außer das wir ein wenig Probleme mit dem Verladen hatten, total unfallfrei vonstatten gegangen.)

Aschenputtel erwacht…

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Im Dezember 2006 machten wir dann den ersten Zirkuslektionen-Lehrgang mit und an diesem Tag warf das schwarze „Aschenputtel“ seine alten Kleider fort! Heraus kam ein Clown und so ist es Gottseidank bis zum Schluss geblieben, auch wenn heute ein falbfarbener Angeber namens Ljosfari, den Zirkusdirektor spielt.

Sieht es auf den Videos manchmal so aus, als wenn er jeden Quatsch mitmacht hätte, so war Atli doch im tiefsten Inneren

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seines Herzens ein Angsthase. Er hasste Eimer, nicht das noch irgend jemand (also ich) auf die Idee kommt, das man einen Fuss hineinstellen kann (aus Eimern essen war übrigens okay!) Stangen oder gar irgendwelche Gassen auf dem Boden empfand das Pony als persönlichen Angriff auf sein Leben. Bei diversen Versuchen diesen unheilvollen Dinger zu entkommen, hat uns das Pony  schon in einige prekäre Situationen gebracht. (die ich aber jetzt nicht alle petzen möchte!) Obwohl ich persönlich ihn immer als sehr einfach zu reiten empfand, sind die lieben Kinderlein so oft von ihm runter gesegelt, das ich mich sehr wundere, das sie mein Hobby immer noch teilen. Sie liebten Atli sehr, doch am liebsten hatten sie ihn – wenn sie ihn nicht reiten müssen. Wobei Tochter Nummer 2 ganze Reitstunden damit verbringen kann, mit dem Dicken in der Bahnmitte zu stehen und spanischen Schritt zu demonstrieren. Da waren sie sich dann immer wieder überraschend einig.

Tiefschläge

Wir haben viele schreckliche Krankheiten zusammen durch gestanden. Borreloise und anschliessend noch eine Rehe,

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wahrscheinlich ausgelöst durch die Medikamente. Zwei Jahre später der niederschmetternde Befund, ein Loch im Oberschenkelknochen. Aus all diesen Tiefs und Schmerzbeladenen Tagen hat sich Atli hervorgekämpft und er war bis zum letzten Tag mein geliebter Clown, der mit großem Alarm und Gebrummel auf mich zugestürmt kam, immer voller Tatendrang. Wenn die Kinder einen Freund brauchten, der sie sicher durch die Stürme Ihres Alltags trug, war er Ihr Fels in der Brandung. Wir konnten uns ein Leben, ohne ihn einfach nicht vorstellen und können es noch heute nicht. Es fällt mir noch heute schwer auf den Paddock zu gehen und nicht nach ihm zu rufen.

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Am 2.3.2018 mussten wir Atli aufgrund einer schweren Kolik gehen lassen – ich schreibe bewusst nicht RIP sondern 

Run free…

… geliebter Temperamentsbolzen, Kasper, Klassenbester, Angsthase und vor allen Dingen Freund.

Wir vermissen Dich ganz schrecklich !!!

Atli  – du warst ein so wunderbares Pferd und ich bin froh Dich entdeckt zu haben, auch wenn es vielleicht ein paar Jahre zu spät geschah. Einer Sache kannst Du bis in alle Ewigkeit ganz sicher sein:

Das es drei Menschen gibt, die Dich von ganzem Herzen lieben.